Wenn ich mir heute die Finanzwelt in Deutschland ansehe, dann sticht mir vor allem eines ins Auge: die Bevölkerung hat kein Vertrauen mehr in diese Branche. Viel schlimmer noch, es herrscht ein spürbares Misstrauen gegenüber den Banken respektive Bankberatern, die doch eigentlich in wichtigen Lebenslagen an der Seite der Menschen sein sollten.
Die gesamte Branche muss sich die Frage stellen, wie sich die verlorene Bindung zu den Kunden wieder herstellen lässt: Wie kann ich als Bank wieder näher an meine Kunden oder potenzielle Neukunden heranrücken?
Mit Social Media Vertrauen schaffen
Immer mehr Finanzinstitute stellen in diesem Zusammenhang seit geraumer Zeit fest: Die sozialen Netzwerke schaffen eine Möglichkeit, den Menschen Finanzprodukte näherzubringen und die komplexen und für den Laien schwer verständlichen Sachverhalte zu erläutern. Kurzum: Mit Social Media lässt sich ein wenig Vertrauen zurückgewinnen. Doch welche Bank ist hier besonders fortschrittlich und welche Institute haben hier noch Nachholbedarf?
Social Media auf dem aufsteigenden Ast
Hierzu hat ANXO Management Consulting, eine Unternehmensberatung mit Standorten in Düsseldorf und Frankfurt, ihre bereits dritte Auflage der Studie „Social Media Reifegrad der Finanzindustrie – quantitatives und qualitatives Scoring von Finanzinstituten“ veröffentlicht. Sie zeigt, dass Finanzdienstleister in Deutschland zunehmend auf das veränderte Informations-, Kommunikations- und Kaufverhalten ihrer Kunden reagieren. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Finanzinstitute dem Thema „Social Media“ eine höhere Relevanz beimessen als noch 2010.
Unabhängige Studie
In der aktuellen Auflage der Studie wurden, wie auch in den Vorjahren, die Social-Media-Aktivitäten und die Webseiten von 45 führenden (nach Bilanzsumme, Kundenzahlen, etc.), deutschen und internationalen Finanzinstituten analysiert. Dazu wurden elf Social-Media-Instrumente und die Webseiten der Institute objektiv anhand von über 80 Kriterien geprüft.
Qualitativ besseres Social Media
Eines der wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Studie ist, dass das Thema „Social Media“ bei den Finanzinstituten angekommen zu sein scheint. So haben alle analysierten Banken ihr Durchschnittsniveau, was den Einsatz von Social Media anbelangt, steigern können. Hierbei gilt zunehmend das Motto „Qualität vor Quantität“, denn der quantitative Social-Media-Ausbau ist ungleich schwächer ausgefallen.
XING und LinkedIn ist heute selbstverständlich
Die Weiterentwicklung zeigt sich beispielsweise darin, dass im Gegensatz zum Vorjahr mittlerweile schon 40 Prozent der betrachteten Top-20-Banken und Top-10-Direktbanken ihre Social-Media-Auftritte mit ihrem bestehenden Internetauftritt verknüpfen. 2011 waren es nur 27 Prozent. XING und Linkedin haben sich in der Finanzindustrie dagegen bereits etabliert – nahezu alle analysierten Unternehmen stellen sich auf diesen Portalen vor. Auch die weiteren Positionierungs-, Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten dieser Portale werden zunehmend genutzt. So setzen in diesem Jahr bereits 12 von 30 Unternehmen aus der Gruppe der Top-20 Banken und Top-10 Direktbanken auf die News-Funktion, während dies im Vorjahr nur 3 Unternehmen taten.
Blogs noch selten
Diejenigen Social-Media-Instrumente, deren Einsatz mit einem höheren (Pflege-) Aufwand verbunden ist, werden jedoch immer noch vergleichsweise selten genutzt. So setzen nur 15 Prozent der Top-20-Banken und 10 Prozent der Direktbanken auf Blogs. Ein sehr positives Beispiel hierzu ist das gerade online gegangene Blog der Commerzbank AG. Eine eigene Community betreiben lediglich 7 (Vorjahr: 6) der 45 insgesamt analysierten Institute, ein eigenes Forum immerhin 5 (Vorjahr: 4) von 45.
„Wenn die Bank wüsste, was die Bank weiß“
Ein ausführlicher Artikel bietet weitere Informationen, Hintergründe und Analysen: Der Beitrag „Wenn die Bank wüsste, was die Bank weiß“ ist in der Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift „Bankmagazin“ erschienen und auf der Website der ServiceValue GmbH frei verfügbar.
Fazit: Weiter so!
Banken und „Social Media“, das scheint zu funktionieren – einige Institute haben sicherlich noch einen weiteren Weg als andere vor sich, um die sozialen Medien als Werkzeug der Kundengewinnung oder Kundenbindung gewinnbringend zu nutzen. Eines steht bereits heute fest: Potenzielle Kunden wie bestehende Kunden halten sich mehr denn je in diesen Medien auf und äußern sich zu ihren Lebensereignissen. Sie sind auf der Suche nach Informationen, die ihnen in bestimmten Lebenslagen (Hausbau, Erbe, neue Ausbildung) dienlich sind. Ich als Bankkunde (frisch verheiratet mit dem Ziel, mittelfristig ein Haus zu bauen) habe sogar ein Interesse daran, dass die Institute ihr Wissen und ihre Kompetenz mit mir teilen, um in wichtigen Situationen die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Mein Appell an die Banken-Branche lautet also: Weiter so mit Social Media! Die Bankkunden werden es danken und vor allem denjenigen Instituten ihr Vertrauen schenken, die den größten Mehrwert bringen und die an ihrer Seite sind, wenn die Kunden sie brauchen.