August 2013, Malcesine Italien. Es ist schon etwas länger her, jedoch erinnere ich mich noch ganz genau an die Situation: an einem warmen Sommerabend, an dem wir uns auf einem Spaziergang begegneten. Ich hatte die Suche nach ihr schon fast aufgegeben, als ich auf eine größere Menschenmenge an einem Kiosk stieß.
Dabei fiel mir direkt auf, dass es sich nicht um Kunden des Kiosks handelte, da niemand im Besitz einer Zeitung oder eines Getränks war. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass jemand von diesen Menschen etwas essen oder trinken wollte. Denn der Bewirtungsbereich war vollkommen leer. Sie standen nur da, teilweise saßen sie auf einer Bank bzw. einer Mauer und schwiegen sich mit gesenkten Köpfen an. Totale Stille.
Wir fanden uns am Kiosk
So langsam wurde mir klar, worauf ich an diesem Abend gestoßen war. Ich bewegte mich immer schneller auf die Menschenmenge zu und fischte mein – bis dato völlig ungenutztes – Smartphone aus meiner Hosentasche. Wenige Sekunden später war es soweit. „Hallo Welt“ dachte ich mir, als ich „Maria“ als offenen Hotspot fand und mein iPhone vor Freude gar nicht genug bekam, unser Informationsdefizit von nunmehr knapp 48 Stunden auszugleichen. Schnell alle E-Mails gezogen, Status-Updates geladen und noch ein Bild in Facebook gepostet. Jetzt kann der Urlaub beginnen!
Große Abhängigkeit
An diesem Abend wurde mir einmal mehr klar, wie stark wir – zumindest als „digital natives“ – von einer Verbindung zum Internet abhängig sind. Menschen können nur wenige Tage ohne Wasser überleben. Wie lange ohne Anschluss an die digitale Informationsgesellschaft? Ist es ein Zugewinn an Lebensqualität, im Urlaub über mehrere Tage abgeschottet vom Internet in einem fernen Land zu entspannen oder ist es doch eher genau das Gegenteil?
Update der Bedürfnisse notwendig
Ich erinnerte mich zurück an mein Studium, in dem mir zum ersten Mal der Name Maslow begegnete und seine gleichnamige Pyramide über die menschlichen Bedürfnisse und Motivationen (Siehe Maslowsche Bedürfnispyramide). Bis vor wenigen Jahren hatte ich auch noch den Eindruck, dass die bis dato dargestellten Bedürfnisse – beginnend mit den Grund- bzw. Existenzbedürfnissen wie Essen, Trinken, Unterkunft etc. bis hin zur Selbstverwirklichung durch Kreativität, eigene Projekte usw. in der fünften Stufe – recht vollständig sind, auch wenn die erste Pyramide von 1943 im Jahre 1970 bereits um weitere Stufen (u.a. der Suche nach Gott) ergänzt wurde.
Einfache Maslowsche Bedürfnispyramide von 1943
Grundbedürfnis Wifi?
Leider ist Herr Maslow 1970 gestorben, sodass er die jüngsten Veränderungen unserer Gesellschaft u.a. durch die Vernetzung der Menschen und Gegenstände über digitale Kanäle nicht erleben konnte. Es wäre sicherlich spannend gewesen zu verfolgen, inwiefern er das Internet als Grundbedürfnis in seine Theorie eingebaut hätte und welcher Platz Facebook zum 10. Jubiläum gewidmet worden wäre. Die Darstellung um den Zugang zum Internet via „Wifi“ als existenzielles Grundbedürfnis zu ergänzen mag zwar übertrieben sein, doch hat mir diese Vorstellung an dem Sommerabend in Malcesine zumindest ein nachdenkliches Lächeln entlockt.
Keine Ausreden mehr beim Zahnarzt!
Schon heute hat ein Drittel aller Menschen Zugang zum Internet, ob zuhause oder via Smartphone. Dabei ist noch nicht mal die Rede von den Autos, Uhren, Zahnbürsten und sonstigen Gegenständen, die heute mit uns bzw. untereinander über das Internet verbunden sind, Daten austauschen und kommunizieren.
Selbst wenn Sie heute noch Ihre Zähne „analog“ putzen, sollte es Ihnen zumindest nicht mehr schwer fallen, sich vorzustellen, wie auch digitale Technologien u.a. bei der Mundhygiene eine Rolle spielen könnten. Sicherlich haben Sie es auch vor kurzem noch nicht für möglich gehalten, dass Sie die Heizung in Ihrem Haus bereits auf der sechsstündigen Autofahrt aus dem Urlaub über eine App anstellen, das Licht romantisch dimmen und für entspannende Musik sorgen können, während Sie ihre Kinder auf dem Rücksitz mit dem neuesten Kinohit auf Ihrem iPad ruhigstellen. Warum also nicht das automatische Bereitstellen Ihres digitalen „Zahnputz-Reports“ für Ihren nächsten Zahnarztbesuch!?
The Internet of the Customers
Stellen Sie sich weiter vor, dass hinter jedem dieser Gegenstände ein Mensch steckt, der diese bedient, nutzt und damit arbeitet. „The Internet of the Customers“ steht für die unendlichen Möglichkeiten, mit jedem „vernetzten“ Menschen auf der Welt über digitale Kanäle – direkt oder indirekt – in Kontakt zu treten, diesen Service anzubieten, neue Geschäftschancen zu identifizieren oder ganz einfach nur da zu sein für den Moment, in dem Ihr Kunde Sie braucht.
Tägliches Treffen mit Maria
Falls Sie sich fragen, wie es mit mir und Maria weiterging: Wir hatten noch eine schöne gemeinsame Zeit. Wir verabredeten uns täglich kurz vor Sonnenuntergang, bis sich unsere Wege nach wenigen Tagen trennten. Auch heute denke ich noch oft an sie zurück, und falls sie immer noch kein Passwort hat, connecten wir uns bestimmt bald wieder.