Dies ist ein Text aus der Ausgabe Nr. 1 unseres Nah-Magazins.
Koenig & Bauer – kurz KBA – ist ein stiller Lebensbegleiter, dem wir normalerweise kaum Beachtung schenken. Von der Cornflakes-Packung am Frühstückstisch über Geldscheine, Kreditkarten und Zeitschriften bis hin zum Etikett auf der Weinflasche am Feierabend: Vieles von dem, was wir im Tagesverlauf oft unbewusst irgendwo in gedruckter Form sehen, stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer Druckmaschine von KBA. Gleichwohl ist das Traditionsunternehmen heute ein Vorreiter der digitalen Transformation im deutschen Maschinenbau. Wir sprachen darüber mit Thomas Göcke, CRM & Marketingleiter bei der Business Unit KBA - Sheetfed Solutions.
Als ältester Druckmaschinenhersteller der Welt ist KBA heute unter anderem führender Anbieter im Verpackungs- und Sicherheitsdruck sowie die Nummer eins im Kartonagen- und Blechdruck. Bei Banknoten liegt Ihr Marktanteil sogar bei 90 Prozent. Warum hat ausgerechnet Ihr Unternehmen es so eilig mit der digitalen Businesstransformation?
TG: Weil KBA seine führende Rolle in vielen Marktsegmenten behalten und möglichst weiter ausbauen will. Dazu muss man wissen, dass wir neben dem Wachstumsmarkt Verpackungsdruck auch in anderen Märkten unterwegs sind, die eher stagnieren, und dort müssen wir uns in einem harten Verdrängungswettbewerb behaupten. Die Kundenbetreuung spielt dabei eine herausragende Rolle. So erfreulich unsere aktuellen Absatzzahlen auch sind – die Verkaufsstatistik allein sagt nur wenig über die Kundenzufriedenheit während des gesamten Produktlebenszyklus aus. Druckmaschinen sind sehr langlebige Investitionsgüter. Dabei kommt es auf eine vorausschauende Wartung, aber auch eventuell sinnvolle Nachrüstungen und Upgrades an. Vor diesem Hintergrund sehen wir vor allem im Servicegeschäft noch ausbaufähiges Potenzial. Außerdem können wir uns mit hochkarätigem Service am besten vom Wettbewerb differenzieren.
Und was hat Kundenzufriedenheit mit digitaler Transformation zu tun?
TG: Beides hängt so eng miteinander zusammen, dass man es gar nicht trennen kann. Für uns ist die digitale Businesstransformation ein wichtiger Baustein für echte Kundennähe. Denn nur mit vernetzten Prozessen und erweiterten Strukturen unter Einbeziehung unserer Kunden sind wir in der Lage, deren Bedarf vorausschauend zu erkennen und situationsgerecht mit einem passgenauen Serviceangebot darauf zu reagieren. Einem Angebot, das dem Kunden einen spürbaren Mehrwert bietet, weil es seine Betriebsabläufe unmittelbar verbessert.
Und diesen Mehrwert will KBA verstärkt auf digitale Art und Weise generieren?
TG: Ganz genau. Was wir dazu brauchen, ist eine 360-Grad-Sicht auf jeden einzelnen Kunden. Verbunden mit der Möglichkeit, rund um den Erdball so viele Arbeitsschritte wie möglich mobil mit einem Smartphone oder Tablet zu erledigen. Egal wer, wo und wann: Der komplette Informationsbestand zu einem Kunden muss auf jedem Display mit einem Fingerwisch zu sehen sein – der aktuelle Maschinenstatus ebenso wie die gesamte Service- und Kontakthistorie. Es liegt auf der Hand, dass eine solche „Single Source of Truth“ nur mit einer weltweit verfügbaren Cloud möglich ist.
Wie sieht das in der Praxis aus? Können Sie ein Beispiel nennen?
TG: Täglich gehen bei uns von jeder Druckmaschine bis zu 20.000 Sensordaten ein. Meldet zum Beispiel der Bogenzähler einer Maschine bei einem mexikanischen Kunden, dass seit der letzten Wartung eine Viertelmillion Bögen ohne die notwendigen Wartungen durch das Druckereipersonal durchgelaufen sind, kann ein regionaler Servicetechniker von KBA sofort Kontakt aufnehmen und klären, ob die Wartungs- arbeiten gegebenenfalls von KBA-Spezialisten durchgeführt werden sollen. Bei dieser Gelegenheit lässt sich auch gleich der technische Status der Maschine überprüfen und die Maschinenleistung ansprechen, da diese beispielsweise mit drei Millionen Bögen pro Monat wesentlich geringer ist als die einer baugleichen Maschine eines Kunden mit ähnlicher Auftragsstruktur in den USA. Woran liegt es? Könnte eventuell ein aktuelles Upgrade-Paket die Leistung der mexikanischen Maschine maximieren? Oder braucht das Druckereiteam vor Ort ein professionelles Training von uns? Wenn ich eben von einer 360-Grad-Sicht auf die Kunden sprach, sind damit auch derartige Benchmarks gemeint. Dank der Auswertung von Sensordaten können wir unseren Kunden anhand fundierter Fakten zusätzliches Optimierungspotenzial aufzeigen. Ein Potenzial, das ohne den datengetriebenen Service von KBA unbemerkt bliebe. Im Ergebnis haben wir verbesserte Prozesse beim Kunden und ein zusätzliches Servicegeschäft für uns – also eine echte Win-Win-Situation.
Der Servicetechniker mutiert dabei sozusagen zum verlängerten Arm des Vertriebs.
TG: Da sprechen Sie einen ganz wichtigen Punkt an: Unsere kundenzentrierte Digitalisierungsstrategie führt zwangsläufig zu einem neuen Rollenverständnis im Unter- nehmen. Die scharfe Trennung zwischen Service, Vertrieb und Marketing verliert ihre Gültigkeit, weil per „Single Source of Truth” jetzt alle Mitarbeiter eine gemeinsame Informationsplattform, eine einheitliche Sicht auf die Kunden und natürlich auch eine gemeinsame Plattform der Zusammenarbeit haben. Was heißt das? Der Service kann zum Beispiel neue Opportunities identifizieren und direkt über unser System dem Vertrieb zuweisen.
Oder der Vertrieb kann Informationen aus Kundengesprächen zu Performance-Problemen einer Maschine direkt an den Service weitergeben oder einen möglichen Bedarf an Verbrauchsmaterialien an den Service melden. An dieser Stelle wird auch klar, dass es bei der digitalen Transformation nicht allein und vorrangig um technische Dinge wie Cloud und Smartphones geht, sondern letztlich um transformierte Organisationsstrukturen und Geschäftsmodelle.
Haben Sie auch für ein digital transformiertes Geschäftsmodell ein Beispiel für uns parat?
TG: KBA hat derzeit rund 7.000 Maschinen im Markt, von denen ein rasant zunehmender Anteil permanent Sensordaten an uns liefert – zusammen gut eine Milliarde im Jahr. Bislang nutzen wir diesen Datenschatz unter anderem für die erwähnten Benchmarks. Aber es steckt noch viel mehr darin, nämlich verborgene Informationen, die wir zum Vorteil unserer Kunden mit intelligenten Analysemethoden zutage fördern wollen. Ich denke da etwa an Mustererkennung – an eine Software, die aus dem massenhaften Betriebsdatenvergleich automatisch Indikatoren herausfiltert, die auf eine bevorstehende Maschinenstörung hindeuten können. Dadurch entsteht neues Wissen, das bisher nicht zur Verfügung stand. Künftig wird es möglich sein, ungeplante Stillstandzeiten beim Kunden präventiv im Sinne von Predictive Maintenance weiter zu minimieren.
Predictive Maintenance, das ruft Assoziationen wach an Industrie 4.0...
TG: Das geht mir genauso. Deshalb sprechen wir bei uns inzwischen auch von KBA 4.0., obwohl wir mit der Sensordatenanbindung zu Fernwartungszwecken die Weichen für datengetriebene Geschäftsmodelle bereits vor vielen Jahren gestellt haben.
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