Marcus Franke, Director Business Transformation bei der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG, hält das Büro für einen schlechten Ort, um wichtige Business-Entscheidungen zu treffen: „Wirklich relevantes Geschäftswissen konzentriert sich heute in der Front-Line – bei denen, die tagtäglich vor Ort persönlich mit den Kunden zu tun haben.“ Von den bundesweit 9.000 Coca-Cola-Mitarbeitern hat gut die Hälfte schon jetzt keinen festen Büroarbeitsplatz mehr; und alle rund 1.500 Verkaufsberater sind inzwischen mit einem iPad unterwegs. „Unsere Kunden erwarten ganz einfach, dass sie sofort Antworten bekommen – zum Beispiel zu dem nächstmöglichen Liefertermin. Dergleichen geht nur, wenn das Sales-Team mobil auf alle erforderlichen Informationen und Anwendungen direkt zugreifen kann.“
Genauso sieht es auch Dr. Ulrich Faisst, Digital Transformation Officer bei der Carl Zeiss AG, und bringt ergänzend die Erwartungen der Mitarbeiter ins Spiel: „Um schneller fundierte Entscheidungen treffen zu können, wollen Manager überall und jederzeit auf wichtige KPI- Kennzahlen zugreifen können. Der Field-Service wünscht sich mobilen Zugriff auf Einsatzpläne und Ersatzteildatenbanken, während das Sales- Team mobil aufbereitete Kundeninformationen braucht.“
Einig sind sich die beiden Transformationsmanager darin, dass kein Unternehmen das Mobilitätspotenzial auch nur annähernd ausschöpft, wenn es stationäre Prozesse lediglich eins zu eins auf Smartphones oder Tablets projiziert. „Mit der Mobilisierung muss auch eine radikale Prozessvereinfachung einhergehen. Nur so lassen sich die Kundenerwartungen optimal erfüllen“, ist Marcus Franke überzeugt. Mit dem früheren, quasi stationären Workflow konnte ein Verkaufsberater etwa bei einer Neukundenanlage mobil nur die Kundendaten aufnehmen. Eine Kühlschrankbestellung für das Coca-Cola- Branding im betreffenden Point of Sale musste auf einen späteren Termin vertagt werden. So lange dauerte es, bis die Daten im SAP-System eingepflegt waren und eine Kundenstammnummer für die Bestellung zur Verfügung stand. „Heute löst unser Verkaufsberater in einem solchen Fall nach der Eingabe weniger Kundeninformationen per iPad über unsere Cloud-Lösung die Stammdatenanlage automatisch aus. Somit kann er die Bestellung umgehend entgegennehmen“, fährt Marcus Franke fort. Die Prozessvereinfachung hebt Medienbrüche auf und verkürzt die Wartezeit für Kunden – entsprechend schneller kann der Getränkeverkauf beginnen.
„Nicht nur die Prozesse müssen mobilisiert werden, sondern auch die Art und Weise, wie Geschäftsdaten bereitgestellt werden“, greift Ulrich Faisst das Thema Vereinfachung auf. Seine Devise: Weniger ist mehr. „Die Kunst besteht darin, die im konkreten Businesskontext tatsächlich benötigten Informationen auf die vergleichsweise kleinen Smartphone- und Tablet-Displays herunterzubrechen“, sagt der DTO von ZEISS. Beispielsweise umfasst im ZEISS Unternehmensbereich Vision Care ein einziger Kundensatz für einen Optiker bis zu 200 Datenfelder. Es liegt auf der Hand, dass unter diesen Umständen kein Vertriebsmitarbeiter unterwegs mal eben spontan eine Querschnittsanalyse fahren kann. Folglich müssen die Daten für den mobilen Einsatz im Hintergrund kontextbezogen aufbereitet werden. Ulrich Faisst zufolge wurde der Wunsch nach einer visuellen Aufbereitung der Informationsfülle erstmals im US-amerikanischen Sales-Team laut. Heute nutzen auch die deutschen Vertriebler eine daraufhin von ZEISS entwickelte grafische App namens i.con. Auf den ersten Blick erinnert die Anwendung an Google Maps: i.con zeigt über Symbole den momentanen Handlungsbedarf bei allen Partner-Optikern in der Umgebung an. Wer wurde seit mehr als 30 Tagen nicht mehr besucht? Gibt es Rückfragen oder Reklamationen? Die Ampelfarben signalisieren dem Vertriebsmitarbeiter ohne jede Datenrecherche, wo sein Besuch am dringendsten ist. Und wenn er das betre ende Symbol anklickt, sieht er kompakt zusammengefasst alle notwendigen Informationen zu den bisherigen Kontakten. „Dazu gehört zum Beispiel auch eine telefonische Reklamation in unserem Call Center, die erst fünf Minuten zurückliegt“, so Ulrich Faisst. Diese Lösung hilft Vertrieblern bei den zentralen Fragen „Wohin & Was“, das heißt zu den richtigen Kunden zu fahren und über die richtigen Themen zu sprechen.
Dass ein solcher Wunsch nach visueller Datenaufbereitung ausgerechnet aus den USA kam, wundert Marcus Franke nicht: „In Sachen Mobilität hat Deutschland definitiv Aufholbedarf.“ Die Bundesrepublik sieht er am Beginn einer exponentiellen Wachstumskurve. Seiner Prognose zufolge wird vor allem die Digital-Native-Generation dafür sorgen, dass die hierzulande noch zögerliche Adaption mobiler Innovationen schon bald einen Riesensprung machen wird.
Bei der Umsetzung digitaler Projekte sollte jedoch auf keinen Fall der Aspekt des damit verbundenen Kulturwandels unterschätzt werden - denn der ist laut Franke gerade in großen Organisationen manchmal schwieriger und langwieriger als die technische Umsetzung. „Wenn beispielsweise spezifische Informationen wie Gesprächsnotizen oder andere Details nicht mehr nur innerhalb einer kleinen Abteilung, sondern für alle anderen Mitarbeiter zugänglich sind, muss sich die Belegschaft an solche Umstellungen erst einmal gewöhnen. Sie muss lernen, Informationen und Wissen uneingeschränkt zu teilen. Denn genau diese Transparenz macht uns stark und bringt uns näher an die Kunden heran“, so Marcus Franke.
Ein Trend, in dem sowohl Marcus Franke als auch Ulrich Faisst großes Zukunftspotenzial sehen, sind mobile Virtual- Reality-Anwendungen. Die Einsatzszenarien dafür reichen von der Logistik bis hin zur Unterstützung von Chirurgen im OP-Saal. Und der Verkaufsberater von Coca-Cola könnte seinem Kunden per Simulation verschiedene Aufstellungsmöglichkeiten für einen Kühlschrank am iPad demonstrieren. Ein einziger Klick würde dann auch gleich den Installationsauftrag für die gewünschte Variante generieren.
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